O73_02: Reto Boller_2017-19-22: Bis die Tage - Ephemere Intervention in unseren Büroräumlichkeiten
Künstler: Reto Boller
Fotos: Erwin Auf der Maur
Interventionszeitraum: 02.10.2017 bis 02.10.2019 und Verlängerung (rot) bis 31.01.2022
Anzahl Striche: 1'563
Kern des Projekts ist die Sichtbarmachung von Zeit. Jeden Tag ein Strich als schwarze Markierung direkt auf die Wand aufgetragen spiegelt die zeitliche Beschränkung, welche Teil des Konzepts und Vorgabe für künstlerische Interventionen in den Räumlichkeiten von Schär Buri ist.
Die sich wiederholende Handlung fügt sich in den Arbeitsalltag ein. Sie hinterlässt eine zunächst unscheinbare Spur, die sich im Verlauf der Zeit zu einem grösseren Gefüge serieller Vertikal- Striche ausdehnt. Mit dem Wachsen des Wandbildes einher geht das Schmelzen der verbleibenden Zeit bis zum Tag der erneuten Übermalung der Wand; es vergegenwärtigt die zeitliche Endlichkeit.
Die Abwesenheit einer Komposition, bzw. die offensichtliche Vermeidung einer bildräumlichen Illusion erinnern an die Gedanken der Analytischen Malerei, bei welcher die Bedingungen der Malerei reflektiert und zum alleinigen Inhalt erklärt worden sind: Bildträger, Farbe, Pinsel, Textur.
Genährt von dieser kunsthistorischen Haltung der 1960er Jahre erlaubt sich die Wandmalerei bei Schär Buri allerdings einen weniger selbstreflexiven Ansatz. Die Markierung wird wie nebenbei täglich vollzogen, gerade so wie andere Rituale oder Gepflogenheiten unseren Alltag strukturieren. Die Art des Farbauftrags gleicht eher einer Notiz, die Wahl der Wand als Träger vermittelt direktes Handeln (Skizzieren auf dem Papiertischtuch beim Abendessen), die Malerei wird zum konkreten Handlungsort.
Dem lebhaften Betrieb eines Grossraumbüros wird eine flüchtige, beiläufige und skizzenhafte Zeichnung entgegengesetzt, die sich durch Platzierung und Art der Ausführung gleichzeitig einfügen und abheben wird.